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Medizinischer Prothesenfuß mit bürstenlosem FAULHABER Motor - Kopfzeile

Für den Verlust eines Beins oder eines Teils der unteren Extremität gibt es viele Ursachen. Bei jüngeren Menschen ist es meist eine angeborene Fehlbildung oder ein Unfall. Bei älteren stehen Krebserkrankungen, Infektionen und chronische Durchblutungsstörungen im Vordergrund; letztere werden oft durch Diabetes ausgelöst. Weltweit sind Millionen Menschen betroffen, überwiegend durch den Verlust des Unterschenkels. Aus archäologischen Funden in Ägypten und China wissen wir, dass seit mindesten 3000 Jahren versucht wird, fehlende Körperteile durch Prothesen zu ersetzen. Das klischeehafte Holzbein aus dem Piratenfilm zeigt durchaus realistisch, wie historische Beinprothesen aussahen. Sie bestanden aus Holz und Leder, waren in sich steif und ermöglichten einen hinkenden Gang.

Vom Piraten-Holzbein zum orthopädischen Hightech-Gerät

Herkömmliche Prothesen sind mit den modernen Varianten kaum zu vergleichen, denn diese verfügen über Gelenke, Steuerungsalgorithmen und federnde Elemente aus Hightech-Materialien. Das Gangbild kommt mit ihrer Hilfe dem natürlichen schon viel näher. Manche sind sogar für Höchstleistungen ausgelegt: Unterschenkelamputierte Athleten mit Karbonprothesen erzielen auf der Kurzstrecke hervorragende Laufzeiten. Es wird sogar ernsthaft darüber diskutiert, ob sie durch die enorme Federkraft der Kohlefaser-Konstrukte gegenüber „normalen“ Läufern einen Vorteil haben.

Sportprothesen sind für schnelles Laufen konzipiert, dagegen ist das Stillstehen und die Ausübung normaler Tätigkeiten mit ihnen schwierig oder sogar unmöglich. Knöchelgelenksprothesen für den Alltagsgebrauch sind daher völlig anders konzipiert als die im Leistungssport verwendeten gewölbten "Skids". Sie entsprechen in der Regel der natürlichen Anatomie und bestehen aus einer Unterschenkel- und einer Fußkomponente, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind. Das passive künstliche Knöchelgelenk hält die Prothese immer in einer vorhersehbaren Position, bietet aber nur einen sehr begrenzten Bewegungsspielraum bei der Fortbewegung.

Beim Abrollen des Fußes - in der Vorwärtsbewegung - wird der Fuß in Richtung Unterschenkel gedrückt; beim Abstoßen wird der Fuß durch die elastische Kraft wieder in eine nahezu senkrechte, feste Ausgangsposition gebracht. „Diese feste Position entspricht jedoch nicht der natürlichen Stellung des Fußes während der Transferphase. Es besteht die Gefahr, dass die Prothesenfußspitze am Boden oder an kleineren Hindernissen hängenbleibt“, sagt Marcin Dziemianowicz. Der Ingenieur mit Schwerpunkt Biomechanik hat 2016 im polnischen Białystok Design Pro Technology gegründet, um innovative Lösungen für solche Probleme zu finden. Mit einem interdisziplinären Team aus Ingenieuren, Orthopädietechnikern, Ärzten und Designern entwickelt und fertigt das Medizintechnikunternehmen individuelle orthopädische Hilfsmittel auf dem neuesten Stand der verfügbaren Technologie.

Aktive Dorsalflexion gegen Stolpergefahr

Mit dem neuen Produkt D-Ankle hat Design Pro Technology die erste Knöchelgelenksprothese geschaffen, die den Fuß beim Gehen mit einem Motor aktiv bewegt und im Verlauf jedes Schrittes in einer anatomisch natürlichen Position hält. Entscheidend ist hier die sogenannte Dorsalflexion – das Anwinkeln des Fußes in Richtung Schienbein – während der Schwungphase. „So ist der Abstand zwischen Zehenspitzen und Boden größer, die Stolpergefahr sinkt“, erklärt Marcin Dziemianowicz. „Bei einer passiven Prothese macht der Träger eine kreisende Bewegung mit der Hüfte oder hebt das Bein höher an, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Ausweichbewegungen sind mit D-Ankle überflüssig; das Gehen wird natürlicher und weniger anstrengend.“

Wird der Prothesenfuß aufgesetzt, vollzieht seine Mechanik die natürliche Winkeländerung während der Stützphase. D-Ankle ist die einzige Prothese mit aktiver Rückstellfunktion von der Ferse bis zu den Zehen, einschließlich des Abstoßens vom Boden für den nächsten Schritt. Dabei wird die motorgetriebene Plantarflexion aktiviert, das Strecken im Gelenk. Das trägt ebenfalls zu einem harmonischen Gangbild bei und spart Kraft. Die seitlichen Bewegungen, die ein natürliches Sprunggelenk zulässt, kann das künstliche Scharniergelenk zwar nicht ausführen, diese werden aber als passive Verformung durch das elastische Material des Prothesenfußes ermöglicht - Kohlefaser. So hat er auch bei unebenem Boden vollen Sohlenkontakt.

Die Steuerung erkennt den Gangrhythmus

Die integrierte Steuerung der Prothese bekommt Signale von mehreren Sensoren, um die verschiedenen Phasen eines Schrittzyklus zu unterscheiden. Ein Potenziometer misst den Winkel zwischen Fuß und Unterschenkel; ein bilateraler Drucksensor erfasst die Belastung beim Auftreten des Fußes sowie die Entlastung in der Transferphase. Der Beschleunigungsmesser erkennt die Gesamtbewegung einschließlich Geschwindigkeit, Fußneigung und Steigung des Weges.

„Der Algorithmus führt die Signale der letzten paar Schritte zusammen und wertet sie aus“, erläutert Marcin Dziemianowicz die Funktionsweise. „Aus diesen Daten leitet er den Gangrhythmus und für jede Schrittphase die optimale Stellung des Fußes ab. Zum Beispiel wird das Sprunggelenk beim Bergaufgehen stärker angewinkelt als auf ebenem Boden, und auch die Abstoßkraft wird größer, damit man den Anstieg leichter bewältigt. Beim Bergabgehen ist es andersherum, um einen möglichst guten Kontakt zwischen Sohle und Boden zu erreichen. Außerdem kann man mit einer Smartphone-App Parameter wie die Abstoßkraft, die Empfindlichkeit des Drucksensors oder die Länge einer Schrittzyklusphase einstellen.“

Sportlicher Antrieb mit großer Ausdauer

Der integrierte Antrieb sorgt für die Umsetzung der Steuerungssignale in die entsprechende Bewegung. Sein Kernstück ist ein bürstenloser Motor der Serie BP4 von FAULHABER, dessen Kraft auf eine Spindel übertragen wird. Motor und Spindel drehen in beide Richtungen und erzielen so die aktive Dorsal- und Plantarflexion des Fußes. Die hohe Energieeffizienz des Antriebs erlaubt eine Betriebszeit von 12 Stunden mit einer Batterieladung. Der Motor toleriert auch die erhebliche Wärmeentwicklung, die im Alltagsbetrieb auftreten kann.

„Unsere Vorgaben waren insgesamt ziemlich sportlich“, erinnert sich Marcin Dziemianowicz. „Der Motor sollte in der Lage sein, eine Jogging-Bewegung mitzumachen – bei drei Schritten pro Sekunde also dreimal den kompletten Ablauf mit Dorsal- und Plantarflexion. Außerdem sollten schnelle Tempo- und Richtungswechsel möglich sein. Für diese Anwendung braucht man eine sehr hohe Geschwindigkeit und hohes Drehmoment bei möglichst geringem Volumen und Gewicht. Wir haben verschiedene Antriebslösungen von führenden Motorherstellern ausprobiert. Bei FAULHABER haben wir nicht nur das am besten passende Produkt, sondern auch hervorragende technische Unterstützung bekommen.“

Nach ausgiebigen und erfolgreichen Versuchsreihen mit amputierten Probanden wird die Fußprothese Ende 2023 auf den Markt gebracht. Sie kann mit ihrem Standardadapter an jedem modularen Prothesenschaft befestigt werden. Die individuelle Prothesen-Anpassung erfolgt beim Orthopädietechniker. Die Höhe der Ferse lässt sich variieren, sodass D-Ankle auch in einem Damenschuh mit Absatz getragen werden kann. Sollte die Batterieladung nach einem sehr langen Tag einmal nicht reichen, kann der Träger trotzdem wie auf einer passiven Prothese weiter gehen.

„Mit der aktiven Bewegung des Fußes machen wir buchstäblich einen großen Schritt sowohl in Richtung natürliche Bewegungsanatomie als auch zur verbesserten Unterstützung der amputierten Patienten“, freut sich Marcin Dziemianowicz. „Nach den Erfahrungen mit diesem Produkt und der guten Zusammenarbeit mit FAULHABER haben wir einige Ideen, die kompakte Motorkraft auch für anderen Prothesen zu nutzen.“

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Produkte

FAULHABER BP4
High Power Motoren mit höchstem Drehmoment
Dauerleistung von 133 W bis 150 W
Hervorragendes Verhältnis von Drehmoment zu Gewicht und Bauvolumen
Sehr hoher Wirkungsgrad von bis zu 91 %
Vollintegrierte analoge Hallsensoren und passende Encoder, Getriebe und Steuerungen verfügbar
Für dynamischen Start-/Stopp-Betrieb
Details

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