„Wer den Zippermast zum ersten Mal sieht, ist verblüfft, zu welcher Höhe er sich ausfahren lässt“, sagt Frank Woodcock, Geschäftsführer von progenoX. Denn das Gehäuse, in dem sich der Mast verbirgt, ist sehr klein: Gerade mal 15 Zentimeter hoch ist es beim kleinsten Modell ZM4, 25 Zentimeter beim Standardmodell ZM8. Wie weit der Mast ausgefahren werden kann, lässt sich an der Modellnummer erkennen – sie entspricht der Höhe in Fuß. Beim ZM8, der mit einem Gewicht von sieben Kilogramm noch komfortabel getragen werden kann, sind das etwa zweieinhalb Meter. Beim ZM40 erreicht der Mast eine Höhe von mehr als 12 Metern.
Inspiration vom Bandmaß
Den Anstoß zur Entwicklung der neuartigen Teleskop-Technologie gab eine Anfrage der US-amerikanischen Streitkräfte. Sie waren auf der Suche nach einem besonders kompakten und robusten System, das auf unbemannten Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Der Entwickler des Zippermasten, George Woodruff, ließ sich bei seiner Konstruktion vom metallischen Bandmaß inspirieren, das aufgrund seiner Wölbung unter Spannung steht und sich deshalb ausziehen lässt ohne zu knicken. Woodruff nahm drei Stahlbänder und verband sie beim Ausfahren nach dem Reißverschlussprinzip. Aus den biegsamen Bändern wird so ein stabiler Mast.
Die drei Bänder aus federhartem Edelstahl sind auf Spulen gewickelt und in Winkeln von 120 Grad zueinander angeordnet. Eine Leitspindel, die sich in der Mitte dieses Dreiecks befindet, greift die Bänder in den dafür vorgesehenen schrägen Schlitzen. Durch die Rotation der Spindel werden die Bänder nach oben ausgerollt. Ihre gezackten Außenkanten verhaken sich dabei miteinander. So kann der Zippermast auf jede beliebige Zwischenposition ausgefahren werden. Um diese Position zu halten ist keine zusätzliche Arretierung nötig: Das Gewicht von Bändern und Ladung ruht auf dem Gewinde der Spindel, das sich wie die Mutter auf der Schraube nur durch Rotation bewegen lässt.
„Als ich den Zippermast zum ersten Mal sah, war ich von dem Konstruktionsprinzip sofort begeistert“, erinnert sich Frank Woodcock. Er erwarb die Technologie 2012 in den USA und brachte sie nach Deutschland. Mit seinem Team von progenoX hat er den Teleskopmast überarbeitet und zur Serienreife gebracht. Kunden sind hauptsächlich die sogenannten Blaulichteinheiten wie Feuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophenschutz, Zivilschutz und Polizei. Diese setzen den Mast meist zu Überwachungs- und Aufklärungszwecken ein – also in dem Bereich, für den er ursprünglich konzipiert wurde. Aber auch bei anderen Aufgaben hat sich der Zippermast inzwischen als nützlich erwiesen, etwa bei der Inspektion von Rohren und Schächten. So wird er zum Beispiel in einem Atomkraftwerk eingesetzt, um die Be- und Entlüftungsanlagen nach Rissen und Fremdkörpern abzusuchen.
Platzsparend und stabil
Dank der gewickelten Bänder findet der Zippermast in einem sehr kleinen Gehäuse Platz. Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise: Der Durchmesser des Zippermasten bleibt – anders als bei Teleskopmasten, die aus ineinander verschachtelten Bauteilen bestehen – in jeder Position über die gesamte Länge konstant. Damit bleibt im Inneren des Masten genug Platz, um Kabel vor äußeren Einflüssen geschützt durch die Spindel bis zum Kopf zu führen.
Sein Konstruktionsprinzip macht den Zippermast zudem äußerst stabil. Diese Festigkeit wird durch eine Wärmebehandlung der Stahlbänder noch weiter gesteigert. Dazu werden die auf den Spulen aufgewickelten Bänder erhitzt und anschließend wieder abgekühlt. Die Kristallstruktur des Stahls passt sich an diese Position an und strebt danach, sie einzunehmen. Durch das Abrollen der Bänder wird deshalb eine Spannung erzeugt, die den Mast zusätzlich festigt. Dank seiner Stabilität kann der Zippermast auch horizontal ausgefahren und belastet werden.
Für Hochsee und Weltraum geeignet
progenoX hat viel getan, um den Zippermast für den täglichen Einsatz fit zu machen. So werden die Stahlbänder inzwischen mit einer speziellen Oberflächenbeschichtung versehen, um den Abrieb zu minimieren. Die Leitspindel wird in einem Wärmeprozess gehärtet, die Elektronik vergossen. Zudem wurde der ursprünglich verwendete Spindelmotor ausgetauscht. „Bei der Auswahl des optimalen Antriebs haben wir von FAULHABER hervorragende technische Unterstützung erhalten“, betont Frank Woodcock.
Da der Zippermast oft unter härtesten Bedingungen verwendet wird, sollte er einen besonders robusten und langlebigen Motor erhalten. Zudem war es wichtig, bei einem geringen Volumen eine sehr hohe Leistungsfähigkeit zu erzielen. „Der Motor, der die Spindel antreibt, musste zwischen zwei der drei aufgewickelten Stahlbänder Platz finden und durfte daher höchstens einen Durchmesser von 32 Millimeter haben“, erinnert sich Andreas Eiler, der das Projekt bei FAULHABER betreute. Trotzdem sollte der DC-Kleinstmotor ein hohes Drehmoment liefern, um den Mast auch bei Belastung schnell ausfahren zu können. Gemeinsam hat man sich daher für einen FAULHABER DC-Kleinstmotor entschieden. Dieser stellt mit seinem leistungsstarken Selten-Erden-Magneten ein Nennmoment von 120 mNm zur Verfügung. Der Zippermast benötigt außerdem ein sehr leistungsfähiges Getriebe. Die Wahl fiel hier auf ein FAULHABER Planetengetriebe. „Sie bestehen ausschließlich aus Stahlkomponenten“, betont Andreas Eiler.
Damit der Motor auch unter den widrigsten Umweltbedingungen zuverlässig arbeiten kann, hat er ein äußerst robustes Gehäuse aus hochresistentem Kunststoff erhalten. Der DC-Kleinstmotor erfüllt damit die Anforderungen der Schutzklasse IP 68, hält sowohl Staub als auch Wasser fern und ist beständig gegen Chemikalien, UV- und Infrarotstrahlung. Der FAULHABER DC-Kleinstmotor treibt auch die seewasserfeste Variante des Zippermastes an, die zum Beispiel in eine Boje auf See integriert werden kann. Selbst eine Anwendung im Weltraum hält Woodcock für denkbar, die Teilnahme an zwei Projekten hat er bereits beantragt. „Der Zippermast kann zum Beispiel sehr gut als Ausleger für kleine und mittelgroße Satelliten, Antennen oder optische Geräte eingesetzt werden. Zudem arbeiten wir mit der Firma ODG-ARGO zusammen, die Roboterfahrzeuge an die Raumfahrtbehörden NASA und CSA liefert. Gerade haben wir den Zippermast auf einem der ARGO-Roboter installiert, der für eine geplante Marsmission eingesetzt werden soll. Ich rechne uns gute Chancen aus, bei einem dieser Weltraum projekte dabei zu sein.“
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