Pick & Place heißt die klassische Anwendung für Kleinteilegreifer auf neudeutsch. Das Entnehmen und Wiederabsetzen an der richtigen Stelle ist eine Standardaufgabe, die in vielen Handhabungs- und Montageprozessen vorkommt – und nicht nur dort. Moderne Großlabore etwa analysieren im Minutentakt Tausende von Blut-, DNS- oder Wirkstoffproben, die auf filigrane Pipettierplatten verteilt sind. Diese Platten werden von Kleinrobotern gegriffen und zum jeweils nächsten Schritt des Untersuchungsablaufs befördert. Ein anderes typisches Einsatzgebiet ist die Bestückung von Leiterplatten für die Leistungselektronik, die zum Beispiel in elektrischen Maschinen oder Schaltanlagen eingesetzt werden. Die SCHUNKGreifer nehmen die Bauelemente auf und stecken deren Kontakte in die vorgesehenen Löcher der Platine. Natürlich müssen sie fest zupacken, dürfen aber das Werkstück nicht beschädigen. Neben einer genau abgestimmten Kraft spielt in den meisten Prozessen vor allem das Tempo eine Rolle: Schnelles Greifen erhöht die Produktivität.
Bei industriellen Greifern dominiert bislang der pneumatische Antrieb. Das hat mit gewachsener Tradition und praktischen Aspekten zu tun. Pneumatische Aktoren besitzen eine hohe Leistungsdichte, das heißt, sie können bei kleinem Volumen eine verhältnismäßig große Kraft entfalten. Diese Kraft steht praktisch ohne Zeitverzug zur Verfügung. Sobald das Regelventil geöffnet ist, kann die zugeführte Druckluft die gewünschte Hubarbeit – in diesem Fall das Greifen – sofort erledigen.
Pneumatik braucht eigene Infrastruktur
Allerdings kennen pneumatische Aktoren prinzipiell nur zwei Zustände: auf oder zu, volle oder gar keine Kraft. Eine abgestufte Regelung ist nur mit erheblichem regelungstechnischen Aufwand möglich. Neben den elektrischen Kontakten für die Steuerung braucht ein pneumatischer Greifer zudem auch Anschlüsse für die Druckluftleitungen. Das kann bei beengten Verhältnissen, die in der Verarbeitung von Kleinteilen nicht selten sind, durchaus ein Problem darstellen.
Doch der größte Nachteil ist die Druckluftanlage selbst. Sie benötigt mindestens einen Kompressor und einen Luftreiniger, ein eigenes Leitungsnetz sowie eine komplexe Regelung, damit immer und überall gleichbleibender Druck zur Verfügung steht. Vor allem bei neuen Anlagen möchten die Betreiber deshalb immer öfter auf diese zusätzliche Infrastruktur verzichten und ganz auf elektrisch betriebene Aktorik setzen.
Zupackende Motorkraft
Dank des neuen elektrischen Kleinteilegreifers EGP 40 lässt sich das nun rein elektrisch umsetzen, und zwar ganz ohne Abstriche bei der Leistung. Mit 140 Newton entwickelt dieser sogar eine größere Schließkraft als sein ebenfalls von SCHUNK hergestelltes pneumatisches Pendant MPG-plus 40. Diese starke Leistung wird von einem 4-poligen bürstenlosen DC-Servomotor der BX4-Reihe von FAULHABER geliefert. Der Motor verfügt über eine optimierte, sehr hohe Leistungsdichte. Das heißt, bezogen auf sein Volumen, möglichst viel Dreh moment und Leistung zu bekommen. Die kompakte, robuste Konstruktion kann kostengünstig und automatisiert gefertigt werden.
Da der Motor rastmomentfrei läuft, ist seine Drehmomentabgabe von der Stellung unabhängig. Zu gleich erreicht er dank seiner minimalen Schwungmasse eine sehr hohe Dynamik. Schon beim Anfahren oder im unteren Drehzahlbereich steht das volle Drehmoment sofort zur Verfügung. Das ist für diese Anwendung besonders wichtig, da die Greiffinger oft nur sehr kurze Wege fahren. Ein erwünschter Nebeneffekt der hochwertigen Motortechnologie ist ihr kleiner Energieverbrauch.
Mit diesen Merkmalen ist der FAULHABER-Motor eine wichtige technische Plattform zur Entwicklung dieser elektrischen Kleinteilegreifer. „Der Greifer ist für die leichte, unkomplizierte Handhabung und Integration in Kundenapplikationen konzipiert. Motoren mit solcher Leistung waren früher für den Einbau in ein Gerät dieser Art schlicht zu teuer“, erklärt Entwicklungsingenieur Matthias Quaas von SCHUNK. „Dieser Motortyp beruht auf einem kostengünstigen Konzept, und so konnten wir die Verwendung eines zugekauften elektrischen Antriebs überhaupt erst in Erwägung ziehen. Außerdem war für uns sehr wichtig, auf robuste und vielfach bewährte Technik zurückgreifen zu können. Und dieser Motor hatte seine Zuverlässigkeit und lange Haltbarkeit bereits in vielen Anwendungen unter Beweis gestellt.“
Maßgeschneiderte Elektronik
Die Steuerungselektronik musste allerdings schon aus Platzgründen an die Anforderungen von SCHUNK angepasst werden. Damit sie in den Greifer passt, wurden die Form der Platine und die Anordnung der Bauteile optimiert. Sie erhielt einen kundenspezifischen Anschluss und eine EMV-Schutzbeschaltung gegen elektromagnetische Störungen. Außerdem wurde die Software an die Funktion des Greifers angepasst. „Aus meiner Sicht ist FAULHABER kein Lieferant, sondern ein Entwicklungspartner“, betont Matthias Quaas.
„Die Zusammenarbeit war ausgesprochen konstruktiv und immer lösungsorientiert – wir haben hier hervorragende Unterstützung bekommen.“
Heute kann SCHUNK mit dem EGP 40 den stärksten mechatronischen Kleinteilegreifer mit integrierter Elektronik anbieten, der auf dem Weltmarkt zu haben ist. Seine Gehäuseform und die elektrischen Anschlüsse entsprechen dem pneumatischen Schwesterprodukt MPG-plus 40. Auch die Sensorik und die Steuerungssignale sind identisch. So können die Anwender mit minimalem Aufwand vom pneumatischen zum elektrischen Betrieb wechseln. Weitere Stärken des Greifers sind ein sehr gutes Verhältnis von Schließzeit und Hub, der äußerst präzise Lauf der Greiffinger, der einer leistungsfähigen Kreuzrollenführung zu verdanken ist sowie die vierfach einstellbare Greifkraft. Was bei der Pneumatik nur mit aufwendiger Regelung geht, ist hier denkbar einfach: Über eine seitlich am Gehäuse angeordnete Öffnung sind Schaltstellungen wählbar, wie stark der Greifer zupacken soll.
Damit kann eine Anpassung der Greifkraft auch an verformbare oder empfindliche Werkstücke erfolgen. In vielen Fertigungsprozessen kommt es außerdem auf das Tempo des Greifers an. Für diesen Fall gibt es den EGP 40 in einer Speed-Variante. Darin arbeitet der Motor über eine andere Getriebeuntersetzung. Er hat so zwar etwas weniger Kraft, erreicht aber enorm kurze Taktzeiten und ist sogar schneller als die pneumatische Variante.
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