Presse Lieferanten
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Herr Haberland, Sie verantworten bei FAULHABER die Bereiche Entwicklung, Forschung, Qualität, Logistik und Produktion. Was fasziniert Sie an dieser Aufgabe am meisten?

All diese Bereiche hängen in verschiedenen Punkten zusammen. Das Spannende und auch das Wichtige ist sicherlich die zusammenhängenden Prozesse und die Durchgängigkeit dabei zu betrachten: Von einer Produktidee bis zur finalen Serie durchlaufen wir verschiedene Phasen. Das Qualitätsniveau ist beispielsweise ein wichtiger Aspekt. Ein hoher Standard für den reibungslosen Prozess von Beginn an resultiert später auch in keinen oder wenigen Problemen in der Produktion. Die Komplexität und Größe unseres Produktportfolios nehmen stetig zu. Das bedeutet auch, dass wir uns ständig hinterfragen und unsere Abläufe noch effizienter gestalten müssen. Das ist eine Gratwanderung: Wir wollen die Komplexität der Prozesse reduzieren, ohne den Kern unseres Geschäftsmodells oder die Qualität unserer Produkte zu gefährden. Ein zentraler Punkt dabei ist, wie wir unsere Kernprozesse automatisieren. Arbeitsabläufe sollen schlanker, die Geschwindigkeit sowie Präzision gleichzeitig erhöht werden. Wenn wir in der Produktion oder in der Logistik Schritte automatisieren, schaffen wir Kapazitäten für strategische Aufgaben und können schneller auf Marktveränderungen reagieren. Zusätzlich spielt die Datenqualität eine entscheidende Rolle. Wir können nur dann effizient und nachhaltig arbeiten, wenn die Daten, auf denen unsere Entscheidungen basieren, verlässlich sind. Daher investieren wir nicht nur in Technologie, sondern auch in die Verstärkung unserer Planungskapazitäten, um sicherzustellen, dass wir jederzeit mit einem klaren Überblick und fundierten Analysen arbeiten können.

Closeup-Portrait von FAULHABER Geschäftsführer Dr. Udo Haberland im Interview

Innovation gehört zu den zentralen Erfolgsfaktoren für FAULHABER. Wie definieren Sie Innovation in Ihrem Bereich ...

Innovation ist für uns zentral, sie ist jedoch nicht ausschließlich auf die Entwicklung neuer Produkte beschränkt. Um technisch führend zu bleiben, müssen wir Innovation ganzheitlich denken – das bedeutet, dass wir auch unsere Prozesse kontinuierlich weiterentwickeln. Schließlich bewegen wir uns in einem Umfeld, in dem wir uns oft an der Grenze des technisch Machbaren befinden.

Ich definiere Innovation gerne anhand des sogenannten 5-Säulenmodells: Produkte, Prozesse, People, Methoden und Tools sowie das Umfeld. Als erstes denken wir in Bezug auf Innovation häufig an Produkte. Es wird gewissermaßen vorausgesetzt, dass neue Produkte innovative Lösungen bieten – aber dort endet es nicht. Unsere Prozesse müssen ebenfalls immer wieder abgestimmt und weiterentwickelt werden, um effizient und flexibel zu bleiben. Ein weiterer zentraler Faktor ist der People-Aspekt. Ein zukunftsorientiertes Unternehmen braucht ein innovatives Mindset. Das bedeutet, dass unsere Mitarbeitenden lernen und ausprobieren wollen und dürfen, Freiraum für kreative Ideen haben und dabei auch mal Fehler machen. Fehler gehören zum Lernprozess und sind keineswegs negativ – sie bieten wertvolle Erkenntnisse und treiben uns voran. Die richtigen Methoden und Tools sind ebenfalls entscheidend. Alte Werkzeuge müssen hinterfragt und gegebenenfalls durch neue Technologien ersetzt werden. Gerade in der Produktentwicklung sind moderne Messmethoden, Simulationen und kontinuierliche Weiterbildung elementar, um immer up to date zu bleiben.

... und welche Trends treiben die Entwicklung neuer Produkte an?

Ich nenne hier gerne die drei „D’s“ – Digitalisierung, „De-Carbonisierung“ und „De-Globalisierung“. In der Digitalisierung sehen wir eine enorme Chance, sowohl die Planbarkeit unserer Prozesse als auch die Vernetzung zu optimieren – Stichwort IoT und Schnittstellenintegration. Dies ermöglicht es uns, schnellere und präzisere Entscheidungen zu treffen. Nicht zuletzt treiben uns die Themen „De-Carbonisierung“ und „De-Globalisierung“ an. Die Reduktion von CO2-Emissionen, sowohl bei uns als auch in der Lieferkette, und die Berücksichtigung von Kreislaufwirtschaft und Recycling sind entscheidend für eine nachhaltige Zukunft. Gleichzeitig beobachten wir eine Verschiebung in den globalen Lieferketten. Als Beispiel lässt sich hier die Abhängigkeit von seltenen Erden und die Frage nennen, ob wir künftig noch auf Übersee-Lieferungen angewiesen sein wollen oder uns noch mehr innerhalb Europas orientieren. Innovation ist also für uns ein ganzheitlicher Prozess, der nicht nur durch Produkte, sondern durch die kontinuierliche Verbesserung in allen Bereichen getragen wird.

Closeup-Portrait von FAULHABER Geschäftsführer Dr. Udo Haberland im Interview

Gibt es aktuelle Forschungsprojekte oder technologische Entwicklungen, die Sie besonders spannend finden?

Wir beschäftigen uns intensiv mit verschiedenen Forschungsprojekten und technologischen Entwicklungen, die großes Potenzial für die Zukunft haben. Besonders spannend finde ich unser Pilotprojekt mit Fraunhofer, bei dem auch künstliche Intelligenz eine Rolle spielt. KI ist in aller Munde und wir wollen frühzeitig verstehen, welche Chancen sich daraus für zukünftige Technologien und Prozesse ergeben.

Parallel dazu führen wir eine interne Umfrage und Sichtung zum Einsatz von KI durch, um Bestehendes zu analysieren und neue Initiativen abzuleiten. Wir sehen darin eine wichtige Grundlage, um gezielt in die vielversprechendsten Themen zu investieren und unsere Innovationskraft weiter auszubauen. Vor allem, weil viel Potenzial in diesen Entwicklungen steckt.

Die Entwicklung neuer Produkte erfordert ein tiefes Verständnis für Kundenanforderungen und technologische Trends. Welche Faktoren spielen aktuell die wichtigste Rolle bei der Entwicklung neuer Antriebssysteme?

Wir betrachten hier einen Prozess, bei dem viele Faktoren eine Rolle spielen. Besonders wichtig ist es, ein Systemverständnis aufzubauen. Denn am Ende geht es nicht nur darum, ein leistungsfähiges Produkt zu entwickeln, sondern auch eine funktionsfähige, anwendungsorientierte Lösung anzubieten. Dafür sind zwei Dinge entscheidend: technologisches Know-how und ein klarer Fokus auf die Anforderungen des Kunden. Ein großer Vorteil ist es, wenn wir bereits früh im Entwicklungsprozess in engem Kontakt mit unseren Kunden stehen. Der direkte Austausch und die Möglichkeit, technische Details auf Augenhöhe zu besprechen, gehören zu den Schlüsselelementen für erfolgreiche, maßgeschneiderte Lösungen.

Wie sehen Sie die aktuellen Herausforderungen in der Branche und welche Chancen ergeben sich daraus für FAULHABER?

Ich vergleiche die aktuelle Situation hier einmal mit „Skifahren im Nebel“. Man ist unterwegs, aber die Sicht ist eingeschränkt. Was als Nächstes kommt, lässt sich höchstens erahnen. Wichtig ist deshalb, fokussiert und flexibel zu bleiben und schnell auf das reagieren zu können, was kommt. Ähnlich verhält es sich auf dem Markt. Wir wissen, dass wirtschaftlich unsichere Zeiten zu mangelnden Investitionen führen und wir merken, wie geopolitische Veränderungen uns beeinflussen. Daher ist es umso wichtiger, dass wir bei FAULHABER resilient und resistent zugleich sind und uns die Fähigkeit erhalten, schnell zu reagieren.

Effiziente Produktions- und Planungsprozesse sind entscheidend für die Lieferperformance. Welche Strategien verfolgt FAULHABER im Bereich Operations?

Ein zentraler Baustein dafür ist die Zusammenarbeit aller Beteiligten aus den Fachbereichen Sales, Inventory, Operations und Planning. Die gesamte End-to-End-Kette wird so optimiert, dass alle relevanten Themen frühzeitig identifiziert und bearbeitet werden können. Dazu differenzieren wir die Geschäftsarten. Ein Kunde, der Katalogware bestellt, hat andere Erwartungen als ein Kunde mit Rahmenvertrag. Stichworte wie Verfügbarkeit, kurze Lieferzeiten und On-time-Delivery spielen beispielsweise eine große Rolle in diesem Kontext. Ein weiterer Fokus liegt auf mehr Digitalisierung und Automatisierung in der Auftragsabwicklung. Aufträge zu Katalogprodukten müssen möglichst automatisiert und ohne zusätzlichen Aufwand abwickelbar sein. So können sich unsere Mitarbeitenden stärker auf Sonderanfragen und individuelle Kundenlösungen konzentrieren. Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass die Rolle der Mitarbeitenden im gesamten Prozess sichtbarer wird. Jeder im Unternehmen trägt seinen Teil dazu bei, dass unsere Kunden zuverlässig und pünktlich beliefert werden. Dieses Bewusstsein entlang der Auftragsbearbeitung zu schärfen, ist ein wichtiger Schritt.

Closeup-Portrait von FAULHABER Geschäftsführer Dr. Udo Haberland im Interview

Was motiviert Sie persönlich in Ihrer Arbeit bei FAULHABER und welche Vision haben Sie für die Zukunft des Unternehmens?

Es macht immer Spaß mit einem höchst kompetenten Team zu arbeiten, die Begeisterung für unsere Technik zu erleben und mit Ideenreichtum an neue Herausforderungen heranzugehen. Und ich denke, diese Motivation und Leidenschaft spiegelt sich auch in unseren Produkten und Lösungen wider.

Meine Vision für FAULHABER ist klar: Wir wollen die Nummer 1 im Bereich Präzisionsantriebssysteme sein. Wenn wir für eine Anwendung keine technisch sinnvolle Lösung finden, dann wird es mit vertretbarem Aufwand wohl niemand können. Unser Anspruch ist es nicht, meilenweit voraus zu sein – aber mindestens eine Nasenlänge. FAULHABER soll der Maßstab in der Branche sein. Unser Ziel ist es, dass Kunden bei anspruchsvollen Antriebsaufgaben zuerst an uns denken, mit ihrer Anfrage direkt zu uns kommen und darauf vertrauen, dass wir die beste Lösung entwickeln. Wir wollen nicht nur ein Anbieter sein, sondern der beste Ansprechpartner für die optimale technische Lösung. Damit das gelingt, müssen wir zwei Dinge verbinden: ein breites Portfolio und kundenangepasste Lösungen mit schlanken Prozessen. 

Gab es einen besonderen Moment oder eine Entwicklung in Ihrer Karriere, die Ihre Sicht auf Technologie und Innovation nachhaltig geprägt hat?

Ja, diese Erfahrung gibt es tatsächlich. Es war eine Situation, die Risiko und Chance gleichermaßen in sich vereinte – und gezeigt hat, dass Veränderungen oft der Startpunkt für etwas Neues und Erfolgreiches sein können. Ich habe erlebt, wie ein wichtiger Kundenauftrag weggebrochen ist – eine Situation, die zunächst wie ein Rückschlag aussah. Doch genau das hat dazu geführt, dass wir umgedacht, neue Wege gesucht und Lösungen entwickelt haben. Wir haben die Chance ergriffen und sind mit einer neuen Technologie durchgestartet. Risikobereitschaft ist essenziell. Manchmal muss man einfach den Mut haben, etwas Neues zu wagen – auch wenn nicht garantiert ist, dass es sofort funktioniert. In einem geregelten Ablauf bricht man selten freiwillig aus, um radikal Neues auszuprobieren. Doch genau diese Momente, in denen man herausgefordert wird und sich verändern muss, sind oft die wahren Treiber für Innovation. Deshalb sehe ich es als entscheidend an, immer wieder offen für Veränderungen zu bleiben, Risiken einzugehen und Chancen aktiv zu nutzen.

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