Stünde der Gyrolab xPlore in einem Büro, könnte man ihn für einen großen Laserdrucker halten. Der Blick unter die Haube zeigt jedoch, dass sich darunter ein Labor im Miniaturformat verbirgt. Eine Plastikscheibe im CD-Format nimmt die zentrale Position im Gerät ein, auf ihr findet die eigentliche Analyse der Proben statt. Die CD enthält ein System von Kanälen, deren Durchmesser weniger als ein Millimeter beträgt. Mit Hilfe von Kapillar- und Zentrifugalkraft werden die Proben durch das Kanalsystem transportiert und dabei analysiert.
Biologische Wirkstoffe als Waffe gegen Krebs
„Unsere Kunden kommen zum größten Teil aus der pharmazeutischen Industrie“, erklärt Maria Hjortsmark, Marketingleiterin bei Gyros. Die Unternehmen nutzen das System zur Prüfung ihrer Biologika. Dabei handelt es sich um große Moleküle, die zu komplex aufgebaut sind, um sie synthetisch herzustellen. Sie werden von lebenden, meist gentechnisch veränderten Zellen produziert, die im Labor in einer Nährflüssigkeit gezüchtet werden. Die meisten Biologika sind Proteine. Die Hoffnung der Krebsforscher konzentriert sich besonders auf eine Proteinart: die Antikörper. Sie werden von spezialisierten Zellen des Immunsystems gebildet. Antikörper erkennen und binden fremde Proteine, etwa von Bakterien oder Viren, die bei einem Infekt in den Körper eindringen. So werden die Krankheitserreger neutralisiert oder für den Abbau durch Fresszellen markiert. Auch Krebszellen können so bekämpft werden.
Nachweis auf CD
Der Gyrolab xPlore kann in jeder Phase der Entwicklung eingesetzt werden, um den neuen Wirkstoff zu analysieren – etwa in der Nährlösung der Zellen oder im Blut von Versuchstieren und Patienten. Bis zu 112 Datenpunkte können mit einer CD parallel erzeugt werden. Dank der CD-Mikrostrukturen spart der Gyrolab xPlore dabei sowohl Probenmaterial als auch Reagenzien. Die Probenflüssigkeit, die in die Vertiefungen einer Mikrotiterplatte pipettiert wird, wird dann in das Instrument gesetzt. In diesem wird die Probe von einem Roboterarm auf die CD transportiert. Von der Kapillarkraft wird sie dort in den vorgesehenen Kanal gesaugt. Für den Test wird nur eine winzige Menge der Flüssigkeit benötigt: je nach CD-Format sind es 20 oder 200 Nanoliter.
Die genaue Menge der Flüssigkeit wird direkt auf der CD abgemessen. Dazu erweitert sich der Kanal zu einer Kammer, die exakt das definierte Volumen fasst. An ihrem unteren Ende befindet sich ein hydrophober Bereich. Er verhindert, dass die Flüssigkeit weiter in den Kanal hineingesogen wird. Nun wird die CD in Rotation versetzt. Die Zentrifugalkraft sorgt dafür, dass die Probenflüssigkeit, die sich oberhalb der Kammer befindet, durch einen Überlaufkanal abgeleitet wird. Anschließend wird die Rotationsgeschwindigkeit soweit erhöht, dass die Probe die hydrophobe Barriere überwindet und in den nächsten Bereich übertritt.
Nach demselben Prinzip werden dem Experiment weitere Reagenzien zugegeben und Waschvorgänge durchgeführt. Der komplette Versuchsablauf erfolgt automatisch, die einzelnen Schritte werden von der mitgelieferten Software gesteuert. „Mit der Automatisierung wird nicht nur der Arbeitsaufwand reduziert, es passieren auch weniger Fehler“, sagt Maria Hjortsmark.
Geschwindigkeit für hohen Durchsatz
Den Gyrolab xPlore hat die Firma Gyros 2015 auf den Markt gebracht. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten bereits viele Firmen mit seinem großen Bruder Gyrolab TM xP workstation, der in einem Durchlauf fünf CDs analysieren kann. Unternehmen, die einen geringeren Durchsatz haben, war das Gerät jedoch oft eine Nummer zu groß. Auch für kleinere Abteilungen großer Pharmafirmen war es häufig überdimensioniert. Diesen Kunden bietet Gyros mit dem Gyrolab xPlore nun eine maßgeschneiderte Alternative.
Bei der Konstruktion des neuen Geräts kam es darauf an, dass es seinem großen Bruder bei der Geschwindigkeit der Analyse mindestens ebenbürtig ist. Sein Roboterarm muss die Proben daher ebenso schnell und zuverlässig transportieren. Allerdings wurden die außergewöhnlich schnellen Schrittmotoren, die den Roboterarm des Gyrolab xP bewegen, nicht mehr produziert. Auf der Suche nach einer Alternative hat sich Gyros an die Compotech Provider AB gewendet. „Die Motoren sollten eine hohe Geschwindigkeit erreichen, ohne Abstriche beim Drehmoment zu machen. Wir haben uns deshalb entschieden, die Schrittmotoren durch leistungsstarke Servomotoren zu ersetzen“, erklärt Pelle Almgren von Compotech. Dabei fiel die Wahl auf FAULHABERs bürstenlose DC-Servomotoren der Serie BX4 in 4-Pol-Technik mit hohem Drehmoment. Die mit Inkrementalgebern ausgestatteten Motoren sind aufgrund ihrer effizienten Bauweise nur wenig größer als die Schrittmotoren des Vorgängermodells. Zudem zeichnen sie sich durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aus.
Der Gyrolab xPlore enthält drei Servomotoren der BX4-Serie. Zwei von ihnen sind an einen Lineartisch montiert. Sie bewegen den Pipettierarm beim Transfer der Proben in horizontaler Richtung und steuern die Bewegung des Lasers bei der Analyse. Der dritte Motor ist mit einem Planetengetriebe ausgestattet und sorgt für das Heben und Senken des Pipettierkopfes. Dank der präzisen Regelelektronik, die über 3.000 Positions-Sollwerte verfügt, und des konstanten Drehmoments lassen sich die Proben auf der CD zielgenau am Eingang des jeweiligen Kanals positionieren. Auch dem Anspruch an eine hohe Geschwindigkeit wird der Gyrolab xPlore mit den BX4-Motoren gerecht: „Um 112 Datenpunkte zu erzeugen, braucht er weniger als eine Stunde“, berichtet Maria Hjortsmark.
Bindung nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip
Für den Nachweis des Wirkstoffs macht man sich die besondere Bindungseigenschaft zwischen dem Antikörper und seinem Zielprotein, dem sogenannten Antigen, zunutze. Diese Bindung ist – ähnlich dem Schlüssel-Schloss-Prinzip – sehr spezifisch, Antigen und Antikörper erkennen einander auch unter Millionen anderer Moleküle sehr genau. Um zum Beispiel die Konzentration eines Antikörpers in der Probenflüssigkeit zu bestimmen, wird sein Antigen in einem kurzen Abschnitt fest an die Wand des Kanals gebunden. Fließt der Antikörper im Kanal am Antigen vorbei, wird er von diesem aus der Flüssigkeit herausgefischt und festgehalten. Nach demselben Prinzip bindet anschließend ein zweiter Antikörper, der mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert ist, an den ersten. Der Farbstoff wird dann mit einem Laser angeregt. Durch Detektion des emittierten Lichts kann die Konzentration des Proteins – in diesem Fall des Antikörpers – in der Probe bestimmt werden.
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