Schüttgüter präzise vermessen
Schüttgüter sind mehr oder weniger fein gepulverte Feststoffe mit einer gewissen Fließfähigkeit, die in vielen Bereichen der Technik gelagert und umgeschlagen werden. Ihre Eigenschaft allerdings auch in Ruhe geneigte Oberflächen auszubilden oder sich im Laufe der Zeit verfestigen, was zu Brücken- oder Schachtbildung führen kann, erschwert einerseits den (homogenen) Austrag aus dem Silo, andererseits kann eine zusammenbrechende Brücke im Silo sogar zur Zerstörung des Behälters führen. Um Silos oder Rohrleitungen entsprechend auslegen zu können, ist der Konstrukteur deshalb auf fundierte Daten hinsichtlich der Fließfähigkeit der jeweiligen Schüttgüter angewiesen.
Auch im Zeitalter der computerunterstützten Berechnungsverfahren sind die Ergebnisse nur so gut, wie die Daten auf denen sie aufbauen. Gerade bei den zahllosen unterschiedlichen Schüttgütern mit teilweise extremen Unterschieden in den Fließeigenschaften sind fundierte Messwerte daher essenziell. Ein neues Verfahren zur Bestimmung der Stoffeigenschaften schafft hier nun Abhilfe. Das von der Firma Dr.-Ing. Dietmar Schulze Schüttgutmesstechnik entwickelte Ringschergerät setzt dabei auf ein Verfahren, das weitgehend an den Anforderungen der theoretischen Beschreibungsgrundlagen von Schüttgütern orientiert ist. Für die exakte mechanische Umsetzung der Steuerungsvorgaben im Messgerät sorgen dann elektronisch kommutierte Gleichstromservomotoren mit integriertem Motion Controller des Kleinantriebsspezialisten FAULHABER.
Automatisch reproduzierbare Messwerte
Bisherige Messverfahren zu Eigenschaftsbestimmungen von Schüttgut beruhen auf der Messung von Böschungswinkeln. Je nach verwendetem System ergeben sich dabei (stark) unterschiedliche Werte. Ein Vergleich der Daten ist daher nicht möglich, für die Praxis liefern sie aber gute Richtwerte zur Chargenbeurteilung. Das neue Verfahren dagegen setzt auf eine praktisch vom Bediener unabhängige Probenvorbereitung. Die eigentliche Messung läuft dann vollautomatisch und reproduzierbar ab. Dazu wird in eine ringförmige Scherzelle eine Materialprobe eingefüllt und glatt abgestrichen. Auf die drehbar gelagerte Scherzelle drückt nun von oben ein unten gezahnter Deckelring auf die Probe. Diese sogenannte Normalspannung wird rechnergesteuert über einen EC-Servomotor bis zu 20 kPa feinfühlig eingestellt. Die Ringscherzelle wird dann ebenfalls per EC-Motor in Drehrichtung und Geschwindigkeit digital gesteuert angetrieben. Dabei ist der feststehende Deckel, auf den die Normalkraft wirkt, über ein Biegbalkensystem fixiert. So lassen sich die auftretenden Scherkräfte in der Probe sehr genau bestimmen. Durch Variieren der Normalkraft und Ermitteln der zugehörigen Scherkräfte ergibt sich so ein genaues Bild der Schüttguteigenschaften. Je nach Probenmaterial können mit dem gleichen Messgerät Scherzellen von 9 bis 70 ml verwendet werden. Für die dazu nötige Antriebsleistung sorgen die Servomotoren.
Langlebige Präzision gefragt
Ein Präzisionsmessgerät stellt natürlich besondere Anforderungen an den Antrieb. Neben einer sehr guten Regelung der Drehzahl und Leistung ist auch eine hohe Lebensdauer bei sehr guter Langzeitstabilität wichtig. Entwickler Dr.-Ing. Dietmar Schulze betont noch einen weiteren wichtigen Punkt: "Messgeräte dieser Art werden nur in verhältnismäßig geringer Stückzahl gefertigt. Dabei ist es wichtig, dass sich der Antrieb schnell und einfach in das Gerät integrieren lässt. Dank des integrierten Motion Controllers ist der Servomotor schnell an den geräteinternen Rechner angebunden. Separater Entwicklungsaufwand für die Steuerung entfällt. Die kompakten Abmessungen und die feinfühlige Regelung des Sinusmotors sowie die zur Verfügung stehenden, gut abgestuften Getriebe sind weitere Vorteile für den Messgeräteeinsatz."
Im vorliegenden Fall arbeiten im RST-XS Messgerät zwei EC-Motoren. Der eine übernimmt die Drehbewegung der Schermesszelle, der andere ist für die Einstellung der Normalkraft zuständig. Bei nur 35 mm Durchmesser und 64 mm Länge erzeugen die Motoren bis über 90 W Abgabeleistung. Dank der Sinuskommutierung können die Antriebe im hier wichtigen Drehzahlbereich von 5.000 bis 10.000 U/min den Anwendungsanforderungen entsprechend feinfühlig angesteuert werden. Da die EC-Motoren abgesehen von den Lagern nicht verschleißen, ist die reproduzierbare Langzeitstabilität der Messungen sicher. Integrierte Hallgeber erlauben eine exakte Positionsbestimmung, der Motion Controller übernimmt die Kommunikation mit dem Geräterechner. Der Rechner ist so von der eigentlichen Motorsteuerung entlastet und verarbeitet bereits ausgewertete Signale.
Moderne EC-Motoren mit integrierter Steuerungselektronik eignen sich für vielfältige Aufgaben. Ob hochpräzise Positionierung und beste Langzeitstabilität für Messgeräte gefordert ist oder eine hohe Volllastlebensdauer für den Einsatz in der Automatisierungstechnik spielt dabei keine Rolle. Dank der Elektronik ist die Einbindung in vorhandene Steuerungsumgebungen einfach. Spezielle Kenntnisse der Antriebstechnik sind nicht nötig. Das senkt die Entwicklungskosten und verkürzt die "Time to market".
