Die Zuverlässigkeit elektronischer Baugruppen ist ein entscheidender Faktor für die Planung, die Lebensdauer und den reibungslosen Betrieb von Antriebssystemen. Sie steht in direktem Verhältnis zur Ausfallrate: Eine höhere Zuverlässigkeit bedeutet eine geringere Ausfallrate des Antriebssystems, da sie die Wahrscheinlichkeit eines Versagens innerhalb eines bestimmten Zeitraums reduziert. Dieses Tutorial beantwortet grundlegende Fragen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit und Ausfallrate von FAULHABER Steuerungen.
Die Zuverlässigkeit elektronischer Komponenten wie Steuerungen und Controller kann anhand der Kenngrößen MTTF, MTBF und MTTR beurteilt werden. Abbildung 1 stellt die drei Kenngrößen in Bezug auf Betrieb und Ausfall im Zeitverlauf grafisch dar.
Die „Mean Time To Failure“ (MTTF) beschreibt die mittlere Betriebszeit bis zu einem Ausfall und ist besonders relevant für Baugruppen, an denen keine Reparatur oder Wartung vorgenommen werden kann oder soll. Diese Kenngröße gibt Aufschluss über die grundsätzliche Zuverlässigkeit eines Produkts und hilft dabei, langfristige Planungen zu treffen.
Im Rahmen der Norm EN ISO 13849-1 wird pauschal davon ausgegangen, dass 50 Prozent aller Ausfälle gefährlich sind. Sicherheitsgerichtete Systeme, deren Ausfall besonders kritisch wäre, werden daher anhand der MTTFD (D = dangerous) bewertet, die doppelt so groß ist wie die MTTF.
Unter der „Mean Time Between Failures“ (MTBF) versteht man die durchschnittliche Zeit zwischen zwei Ausfällen bei Baugruppen, die einer Wartung unterliegen, zum Beispiel in Form eines Austausches von Relais nach einer bestimmten Anzahl an Schaltzyklen. Die MTBF ist besonders wichtig für Systeme, bei denen die Betriebskontinuität durch schnelle Reparaturen aufrechterhalten werden kann.
Die „Mean Time To Repair“ (MTTR) gibt die Zeit an, die benötigt wird, um eine defekte Komponente zu ersetzen oder zu reparieren. Eine niedrige MTTR trägt zur Minimierung von Stillstandszeiten bei und ist ein wichtiger Aspekt in der Serviceplanung.
Anhand der Ausfallrate λ, auch Fehlerrate genannt, wird die Zuverlässigkeit eines Bauteils beurteilt. Mit ihrer Hilfe kann die Wahrscheinlichkeit eines Systemausfalls pro Zeiteinheit abgeschätzt werden. Die Ausfallrate wird üblicherweise in FIT (Failures In Time) angegeben, wobei 1 FIT einem Ausfall pro Milliarde Betriebsstunden entspricht. Die Ausfallrate ist eine zentrale Kenngröße zur Beurteilung der Systemzuverlässigkeit.
FIT (Failure in Time) und MTTF (Mean Time to Failure) können ineinander umgerechnet werden:
MTTF = 1 / λ
MTTF in Jahren = 1 / (λ x 8760 h/Jahr) [wobei 1 Jahr = 8760 h]
Die Ausfallrate wird in der sogenannten „Badewannenkurve“ (Abbildung 2) grafisch dargestellt. Dabei handelt es sich um eine Darstellung der (beobachteten) Ausfallrate eines technischen Geräts im Produktlebenszyklus.
Diese Kurve besteht aus drei Abschnitten:
1. Frühausfallphase (A): Fehler, die in der Frühausfallphase auftreten, lassen sich zumeist auf Fertigungsfehler, Transportfehler, Falschanschluss oder Fehlbedienung zurückführen. Die höhere Anfangsausfallrate, die für diese Phase charakteristisch ist, kann durch Qualitätssicherung und Tests reduziert werden.
2. Konstante Ausfallrate (B): In Phase B ist die Ausfallrate als konstant anzusehen. Diese konstante Ausfallrate wird mithilfe der in Abschnitt 1 definierten Mean Time to Failure (MTTF) beschrieben. Sie entspricht der stabilen Lebensdauer eines Produkts.
3. Verschleißphase (C): Am Ende der Lebensdauer steigt die Anzahl der Ausfälle gewöhnlich wieder an, was durch Materialermüdung oder Alterungsprozesse bedingt ist. Bei Elektronikkomponenten, um die es in diesem Tutorial vorrangig geht, tritt die Verschleißphase jedoch kaum in Erscheinung.
Die Ausfallrate (λ) einer elektronischen Komponente beeinflusst entscheidend die Zuverlässigkeit des gesamten Antriebssystems bzw. einer ganzen Anlage. Durch Kenntnis der MTTF-Werte aller verwendeten Komponenten ist eine Optimierung der Anlagenbetriebszeiten möglich:
In den Datenblättern von FAULHABER werden für die meisten Elektronikprodukte Zuverlässigkeitswerte angegeben.
Um diese zu ermitteln, wird das „Parts-Count-Verfahren“ angewandt. Hierzu wird anhand der Stücklisten der MTTF-Wert jedes einzelnen Bauteils berechnet.
Beispielhafte Berechnung der MTTF für einen Metallschichtwiderstand
λRESISTOR = 0,2 x 10-9 1/h (oder 0,2 FIT) [Quelle: SN 29500-4, Tabelle 2]
Daraus ergibt sich folgende MTTF:
MTTFRESISTOR = 1 / (0,2 x 10-9 h-1 x 8760 h/Jahr) = 570 776 Jahre
Für aktive Halbleiterbauelemente wird (sofern vorhanden) auf die Aussagen der Halbleiterhersteller gesetzt, denen Praxistests zugrunde liegen. Weitere benötigte Werte werden anhand der Angaben in den Siemensnormen (SN 29500 1-12) ermittelt. Um äußere Bedingungen wie die Umgebungstemperatur oder den Grad der Beanspruchung abzubilden, sieht die Siemensnorm vor, in die Berechnung entsprechende Faktoren für Spannung, Strom und Temperatur einfließen zu lassen. Diese Faktoren werden in den Berechnungen berücksichtigt.
Die im Datenblatt bei FAULHABER angegebenen MTTF-Werte wurden für den Nennbetrieb bei maximal zulässiger Versorgungsspannung berechnet.
Die Summe aller ermittelten FIT-Werte ergibt schließlich die Gesamtzuverlässigkit λTotal, welche wiederum mithilfe der Formeln aus Abschnitt 1 über die MTTF in Stunden oder Jahre umgerechnet werden kann.
Die Betrachtungen nach dem „Parts-Count-Verfahren“ müssen als rein statische Größen betrachtet werden, die es ermöglichen, Aussagen über die Ausfallwahrscheinlichkeiten eines komplexen Gesamtsystems zu treffen.
Wichtig ist, dass der ermittelte MTTF Wert nicht mit der minimalen Lebensdauer der Komponente zu verwechseln ist.
Möchten Sie mehr über die Zuverlässigkeitswerte unserer Elektronikprodukte erfahren oder sind Sie auf der Suche nach einem Datenblatt zu einem spezifischen Produkt? Oder können wir Sie bei der Auswahl der passenden Steuerung für Ihr Projekt unterstützen?
Die Vertriebsingenieure von FAULHABER stehen Ihnen gern beratend zur Seite. Lassen Sie uns gemeinsam die optimale Lösung finden, die Ihre spezifischen Anforderungen sowie besondere Einsatzbedingungen und technische Herausforderungen berücksichtigt.