Es gibt viele gute Gründe dafür, einen zweiphasigen Schrittmotor in Mikroschritten zu betreiben. Durch die Unterteilung des Vollschritts lässt sich nicht nur der Verschleiß im mechanischen Übertragungssystem reduzieren – auch das mechanische Drehmoment des Schrittmotors fällt viel glatter aus. Häufig liest man auch, dass ein Schrittmotor im Mikroschrittbetrieb an Genauigkeit gewinne.
Aber entspricht das auch den Tatsachen? Was kann Mikroschrittbetrieb wirklich leisten – und wo stößt das Drehmoment des Schrittmotors beim Microstepping an seine Grenzen? Wir haben die häufigsten Fragen rund um das Thema Mikroschrittbetrieb für Sie beantwortet.
Um Sie bei Auswahl und Einsatz eines Schrittmotors aus dem FAULHABER-Sortiment zu unterstützen, haben wir acht häufig angesprochene Themen rund um den Mikroschrittbetrieb bei Schrittmotoren für Sie zusammengestellt.
Neben Daten und Fakten, die Ihnen die Auswahl des passenden Motors für eine konkrete Anwendung erleichtern, zeigen Ihnen unsere Experten hier auch, welche Mythen über den Mikroschrittbetrieb einer genaueren Betrachtung bedürfen.
Im Folgenden erfahren Sie:
1. Welche Vorteile der Mikroschrittbetrieb bei Schrittmotoren bietet.
2. Wie sich der Mikroschrittbetrieb auf die Genauigkeit eines Schrittmotors auswirkt.
3. Inwiefern eine hohe Anzahl an Mikroschritten die Drehzahl eines Schrittmotors verändert.
4. Wie sich im Mikroschrittbetrieb die Wellenposition zum Drehmoment eines Schrittmotors verhält.
5. Wie Sie das inkrementale Drehmoment eines Schrittmotors berechnen.
6. Was passiert, wenn das inkrementale Drehmoment im Mikroschrittbetrieb zu klein ausfällt.
7. Wie sich Reibungsmoment und Rastmoment im Schrittbetrieb auswirken.
Im sogenannten Mikroschrittbetrieb (auch: Microstepping) wird jeder Grundschritt eines Motors in eine hohe Zahl kleiner Schritte unterteilt. Das steigert nicht nur die Auflösung, sondern hält auch den offenen Regelkreis zuverlässig synchron. Gleichzeitig sorgt der Mikroschrittbetrieb für einen glatteren Verlauf des mechanischen Drehmoments im Schrittmotor. Das reduziert den mechanischen Störpegel und ermöglicht einen besonders materialschonenden Betrieb, insbesondere im Bereich der mechanischen Übertragungssysteme.
Darüber hinaus birgt der Mikroschrittbetrieb den Vorteil, dass der Motor durch die vielen kleinen Schritte weniger Schwingung erzeugt. Für Schrittmotor-Anwendungen, die durch starke Resonanzen beeinträchtigt werden könnten, erweisen sich die Mikroschritte daher oft als besonders vorteilhaft.
Trotz der höheren Auflösung, die sich durch die kleineren Schritte erreichen lässt, steigt die Genauigkeit eines Schrittmotors im Mikroschrittbetrieb nicht. Ganz im Gegenteil: Die Genauigkeit kann infolge der Umstellung auf Mikroschritte sogar sinken (vgl. hierzu auch Abschnitt 3).
Ist ein Motor für eine bestimmte Anwendung nicht genau genug, lohnt es sich daher, anstelle des Mikroschrittbetriebs ein anderes Modell in Betracht zu ziehen, das die erforderlichen Parameter auch im Vollschrittbetrieb erfüllt. Spielt die Genauigkeit im konkreten Anwendungsfall eine untergeordnete Rolle, kann sich die Umstellung eines bereits vorhandenen Schrittmotors auf Mikroschrittbetrieb dennoch als gute Lösung erweisen, da das Microstepping sowohl die mechanischen als auch die elektromagnetischen Störfaktoren deutlich reduziert.
Je höher die Anzahl der Mikroschritte pro Vollschritt, desto größer die Auflösung. Gleichzeitig fällt jedoch mit steigender Anzahl der Mikroschritte das inkrementale Drehmoment eines Schrittmotors – also das Drehmoment pro Mikroschritt – drastisch ab.
Wie drastisch sich eine steigende Anzahl von Mikroschritten auf das inkrementale Drehmoment eines Schrittmotors auswirken kann, zeigen Abbildung 1 und Abbildung 2. Während das Haltemoment – also das Drehmoment, das ein Schrittmotor bei Stillstand im Nennstrombetrieb halten kann, ohne dabei den Rotor zu drehen – im Vollschrittbetrieb bei 100 Prozent liegt, reduziert bereits ein Mikroschrittbetrieb mit nur acht Mikroschritten das Haltemoment auf weniger als 20 Prozent.
Auch wenn Mikroschrittantriebe auf dem aktuellen Stand der Technik bereits weit entwickelt sind, ist das Verhältnis der Wellenposition zum Drehmoment des Schrittmotors niemals vollkommen sinusförmig: Einer echten Sinuskurve nähern sich auch ausgefeilte Modelle bislang nur an. Außerdem treten bei allen Schrittmotoren Oberwellen auf, die die Kurve verzerren und die Genauigkeit beeinflussen.
Um den Unterschied zwischen idealen und tatsächlichen Verlaufskurven zu visualisieren, haben wir für Abbildung 3 beispielhaft das Verhältnis der Wellenposition zum Drehmoment eines Schrittmotors ermittelt. Die gestrichelte Linie zeigt die optimale Kennlinie für präzise Mikroschritt-Positionierung, die blaue Linie die leicht verzerrten Kurven der tatsächlichen Kennlinie des Schrittmotors im Mikroschrittbetrieb.
Es ist außerdem wichtig anzumerken, dass jegliches Lastmoment eine magnetische Rückwirkung erzeugt, die den Rotor so lange aus der gewünschten Position bringt, bis der Motor ein ausreichendes Drehmoment aufbringt.
Um das inkrementale Drehmoment eines Schrittmotors zu ermitteln, müssen wir zunächst das inkrementale Drehmoment für einen einzelnen Mikroschritt berechnen:
Dabei gilt:
μPFS = Anzahl der Mikroschritte pro Vollschritt [Ganzzahl]
N = Anzahl der erfolgten Mikroschritte [Ganzzahl]
hierbei muss N kleiner oder gleich μPFS sein
MHFS= Haltemoment im Vollschrittbetrieb [Nm]
MINC = Inkrementalmoment pro Mikroschritt [Nm]
MN = Inkrementalmoment für N Mikroschritte [Nm]
auchhierbei muss N kleiner oder gleich μPFS sein
Ist die Summe aus Lastmoment, Motorreibung und Rastmoment größer als das inkrementale Drehmoment eines Schrittmotors, müssen konsequenterweise mehrere Mikroschritte hintereinander ausgeführt werden – so lange, bis das akkumulierte Drehmoment diese Summe übersteigt. Aus diesem Grund ist es auch möglich, dass sich der Motor bei Ausführung eines Mikroschritts nicht bewegt.
Für eine Umkehr der Drehrichtung kann zudem eine erhebliche Anzahl an Mikroschritten erforderlich sein. Um im Mikroschrittbetrieb die Drehrichtung zu wechseln, muss schließlich erst das Wellendrehmoment vom aktuellen, positiven Wert zu einem negativen Wert verändert werden, bei dem der Schrittmotor ein Drehmoment erreicht, das ausreichend hoch ist, um die Bewegung in die entgegengesetzte Richtung auszulösen.
Grundsätzlich verfügt jeder Schrittmotor aufgrund seiner Lagerung über ein Reibungsmoment. Um diese Lagerreibung im Mikroschrittbetrieb zu überwinden, muss das inkrementale Drehmoment des Schrittmotors einen gewissen Wert überschreiten. Dieser variiert je nach Modell, Anwendung und Zahl der Mikroschritte.
Außerdem kommt das für Elektromotoren typische Rastmoment – inklusive der bereits in Abschnitt 4 erwähnten störenden Oberwellen – hinzu, das auch im Mikroschrittbetrieb bestehen bleibt und die Genauigkeit des Motors reduziert. Nur spezielle magnetische Schrittmotoren, etwa der FAULHABER DM1220 oder der DM52100R, haben grundsätzlich kein Rastmoment.
Üblicherweise beträgt das Rastmoment 5 bis 20 Prozent des Haltemoments. Manchmal wirkt es zusätzlich zum gesamten erzeugten Drehmoment, doch es gibt auch Fälle, in denen es dem erzeugten Drehmoment des Schrittmotors entgegenwirkt.
Theoretisch ist es natürlich möglich, mittels einer Tabelle mit Korrekturwerten eventuelle Ungenauigkeiten auszugleichen, die durch den Einsatz eines Schrittmotors im Mikroschrittbetrieb entstehen können. In der Praxis erweist sich dieser Ansatz jedoch nur als bedingt hilfreich: Da jede Tabelle mit Korrekturwerten nur für ein bestimmtes Lastmoment gilt, können die Ergebnisse bei abweichendem Lastmoment sogar noch schlechter ausfallen als ohne Verwendung einer „kalibrierten“ Tabelle.
Sind Sie auf der Suche nach dem passenden Schrittmotor für eine neue Anwendung? Oder möchten Sie herausfinden, ob eine bestehende Anwendung von der Umstellung auf Mikroschrittbetrieb profitieren könnte?
Ganz gleich, an welchem Projekt Sie arbeiten: Die Experten von FAULHABER stehen Ihnen gern beratend zur Seite. Füllen Sie einfach das Kontaktformular aus und unsere Experten werden sich zeitnah mit Ihnen in Verbindung setzen.